Dietlind Budde und Harald Schmid

„Etwas Großartiges zusammen schaffen!“

Seit 20 Jahren gibt es das ‚Alarmtheater‘, das seit 1999 in der Gustav-Adolf-Straße residiert. Eine Rückschau auf eine
bewegte Geschichte

Begonnen hat alles im Jahr 1993. Vorher waren Harald Schmid und Dietlind Budde mit dem italienischen ‚Teatro Nucleo‘ durch europäische Städte getourt. Doch die Vision vom gemeinsamen Leben und Arbeiten entsprach zunehmend nicht den eigenen Vorstellungen. So reifte der Entschluss: Etwas Neues muss her! Die Geburtsstunde des ‚Alarmtheater‘. Gute Kontakte nach Bielefeld halfen, zumal das ‚Nucleo‘ dort bereits gastiert und Projekte durchgeführt hatte, mit großer Resonanz.

Sie stellten sich die Frage: „Sollen wir hierher kommen?“ Noch war Bielefeld nur eine Station von vielen. Dietlind Budde probte  allerdings schon zeitweise im AJZ. „Und dann haben wir dieses Haus in der Gustav-Adolf-Straße gesehen.“ Das Gebäude stand leer, nachdem das ehemalige CVJM-Heim noch eine Weile lang vom Stadttheater als Probebühne genutzt wurde.

Ein Werkvertrag über zunächst zwei Jahre war bald mit der Lydia-Gemeinde geschlossen. Künstler aller Genres zogen ein: Maler, Bühnenbildner, Akrobaten, Fotografen… und eben auch Schauspieler wohnten unter einem Dach. „Wir werden etwas Großartiges zusammen schaffen“, prophezeite Harald Schmid damals.

„Künstler erheben ihre Stimme“

Doch nach den ersten zwei Jahren war plötzlich anderes Engagement gefragt. Die Kirche wollte das Haus nebst Grundstück verkaufen. Ein Investor beabsichtigte, das alte Gebäude abzureißen und stattdessen einen Wohnkomplex an seiner Stelle zu bauen. Der Verein ‚Kooperative Kunst-Haus‘ gründete sich und jeden Sonntag gab es vor dem Haus ein Programm mit dem Titel „Künstler erheben ihre Stimme“, bei dem unter anderem Chöre sangen oder Performances von Tänzern stattfanden. „Dazu kamen sogar befreundete Künstler aus St. Petersburg zu Besuch und auch die Nachbarschaft war voll dabei“, erinnern sich die Gründer.

Die Verhandlungen mit Kirche und Investor hatten schließlich Erfolg. 1999 wurde die Spielstätte eingeweiht. Zu Beginn gab es viele Schulprojekte und Lehrerfortbildungen. Ab 1995 ging es mit Arbeiten in der Justizvollzugsanstalt oder mit Kindern in die Breite. Dietlind Budde fasst das Interesse bei den Stücken zusammen: „Wir haben immer geschaut, was gerade passiert in der Welt, unsere Stücke sehr stark selbst erarbeitet, um dann damit auch auf politischen Festivals zu touren.“

So ging es bei der Produktion ‚Anne Frank‘ oder dem Stück ‚Die weiße Rose‘ über die Geschwister Scholl um Fragen nach Schuld und Tabus. Das Aufbegehren gegen eine Generation, die nicht spricht. Spannend gestaltete sich die zwölfjährige Zusammenarbeit mit der Drogenberatung. Bei den gemeinsamen Produktionen mit Junkies kamen Schmids Ideale ‚Menschen studieren, mit ihnen ins Vertrauen gehen, sie begleiten und ermutigen‘ voll zum Tragen. Und er ist überzeugt, dass diese Arbeit den Teilnehmern etwas gebracht hat: „Hier lief die Aufarbeitung über Sprache. Normale Therapien zielen da eher auf geregelte Abläufe.“

Vier Produktionen in diesem Jahr In diesem Jahr will das ‚Alarmtheater‘ vier Produktionen auf den Weg bringen. ‚Dialog – Made in Bielefeld‘ soll der zweite Teil des Stücks ‚Wert‘ aus dem Jahr 2012 werden. Ein interkulturelles Projekt, das die Produktionsstätte verlässt, um mit Menschen in den Dialog zu treten. Die Jugendgruppe plant ein weiteres Stück mit unbegleiteten jugendlichen Flüchtlingen als Folgeprojekt von ‚Wie weit gehst du?‘. Auch die Seniorenabteilung ‚SenAlarm‘ plant etwas Neues und es wird auch eine weitere Arbeit im Gefängnis geben.

Erschienen in der „Viertel“ – Ausgabe Nr. 22: Link

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