
Der Bodensatz der Fanclubs
Ein Gespräch mit Mitgliedern von ‚The Firm‘ – der Party-Fraktion unter den Arminia-Fanclubs
Auf den 19. Mai 2014 angesprochen, sagt Charles Hacker nur: „Wer mir wirklich leid tat, waren die beiden Jungs, die im Stadion Geburtstag gefeiert haben.“ Mit einem derart schmerzhaften Abstieg könne keiner glücklich werden. Charles, seines Zeichens „Außenminister“ des Arminia-Fanclubs ‚The Firm‘ sieht es mittlerweile gelassen – obwohl er im Affekt kurz nach dem Spiel angekündigt hatte, auszutreten. Aber das ist eben Arminia – ein ewiges Auf und Ab.
‚The Firm‘ versteht sich selbst als die Party-Fraktion unter den Fanclubs. Gegründet hatten sie sich direkt auf dem Block – zwei Stunden vor Spielbeginn am 1. November 1998 gegen Hannover 96. Dort standen sie früher, an der Plexiglasscheibe neben den gegnerischen Fans. Und wussten zu irritieren, wenn sie selbst in tragischen Momenten Lieder wie „You are my sunshine“ anstimmten. „Fernab von den Vogelsängern“, wie es bei ‚The Firm‘ heißt.
Man gebe sich nicht so uniformiert in diesem Fanclub. Viele hätten keinen Bock auf die üblichen Strukturen. Die Ursprünge liegen auch eher in der alternativen Szene von AJZ und der Wilden Liga. „Wir verwahren uns gegen jede Art von Gewaltausübung, rassistischer, neonazistischer oder sonstiger diskriminierender Äußerungen sowohl im, als auch außerhalb von Fußballstadien.“
Bekannt für unkonventionelle Aktionen
Die Aktionen des Fanclubs können auch unkonventionell ausfallen. Wie zum Beispiel das Grillen auf dem Bahnhofsvorplatz in Osnabrück beim dortigen Auswärtsspiel. „Wir haben Burger und ihr nicht!“ wurde dann skandiert. Wie so etwas geht? „Man spricht einfach vorher mit der Einsatzleitung“, sagt Charles.
Die Liebe zu Arminia ist bei ‚The Firm‘ der gemeinsame Nenner, aber gemeinsamer Spaß das hauptsächlich verbindende Element. Bei einem großen Frauenanteil von einem Drittel und mittlerweile vielen Familien werden dann auch mal Dinge für alle organisiert: Beim Brunch vor dem ersten Heimspiel wird an alle gedacht, auch an die Kinder (genannt „Firmchen“). Und für Veranstaltungen wie dem Vortrag von Hans-Jörg Kühne über die Geschichte Arminias (siehe Artikel „Die Geschichte der Bielefelder Fußlümmelei„) kauft der Klub mal eben 40 Karten und verteilt sie kostenlos unter seinen Mitgliedern.
„Dabei ist ‚The Firm‘ der wahrscheinlich einzige Fanclub, der vor zwei Jahren seinen Mitgliedsbeitrag senken wollte und den Beitrag auf der Jahreshauptversammlung dann mit Mehrheit erhöht hat“, weiß Ingo Heidemann, Kassierer oder auch „Finanzminister“ von ‚The Firm‘. Der jährlich zu entrichtende Beitrag ist immer noch niedrig, er liegt bei 25, ermäßigt zehn Euro.
Selbstironie gehört auch dazu, wenn man Arminia-Fan ist: „Wir sind der Bodensatz der Fanclubs.“ Und die fußballerische Zukunft? Es gelte gleich drei Titel zu holen. Was für eine Dreifachbelastung! Die 3. Liga-Meisterschaft und den Westfalenpokal. Und ja, den DFB-Pokal, den auch.
Info: thefirm-bielefeld.de
Erschienen in der „Viertel„, Nr. 25