
Sparkasse: „Wir stehen zum Siggi“
Die Sparkasse kürzt ihre Öffnungszeiten. Und vergrößert ihr Angebot, weil der Westen boomt.
Die gewohnten Geschäftszeiten gelten nicht für die Sparkassen; das wissen alle. Während Discounter ihre Öffnungszeiten verlängern, stehen Kunden vor dem Geldinstitut am Siegfriedplatz schon seit Februar recht früh vor verschlossenen Türen. Und das geht nicht nur der klassischen Omi so, sondern auch den Geschäftskunden, die Bargeld einzahlen müssen.
Der „persönliche Filialservice“, wie ihn die Sparkasse nennt, ist zeitlich eh sehr knapp bemessen. Einmal abgesehen von den Vormittagen, an denen dort von 9 bis 12 Uhr geöffnet ist, bleibt das Rollo nur dienstags und donnerstags bis 18 Uhr oben. An den anderen Tagen nur bis 16 Uhr. Guter Service sieht anders aus. Und: Kunden fassen es als schlechtes Zeichen auf, wenn sie nicht mehr direkt in die Bank zu ihren Beratern gehen können.
Auch als die Volksbank ihre Filiale an der Stapenhorststraße zur „SB“- also „Selbstbedienungsgeschäftsstelle“ mit Automaten umfunktionierte, war der Unmut groß. Wer denkt da nicht an die Nullzinspolitik des EZB-Präsidenten Mario Draghi. Und den Strafzins von 0,4 Prozent, den Kreditinstitute jetzt zahlen müssen, wenn sie ihr Geld bei der EZB parken. Banken sparen, viele erhöhen die Kontoführungsgebühren und verlangen mehr für Finanzdienstleistungen.
Geändertes Nutzungsverhalten
Christoph Kaleschke von der Unternehmenskommunikation der Bielefelder Sparkasse will aber beruhigen. Die Beratungszeiten seien nämlich tatsächlich gar nicht reduziert, sondern sogar ausgeweitet worden. „Wir reagieren darauf, dass unsere Kunden die Angebote völlig anders nutzen als noch vor wenigen Jahren“, sagt er. Dadurch, dass heutzutage viel mehr Menschen ihre Angelegenheiten online oder mobil regelten, wären auch dementsprechende Anpassungen nötig gewesen.
Jetzt gibt es schicke „Apps“ für das Smartphone, mit denen sich die Geschäfte regeln lassen, die persönlichen BeraterInnen sind 24 Stunden am Tag online im Chat verfügbar – vorausgesetzt deren Sprechblase leuchtet grün. Dinge, mit denen die Omi oft nicht zurecht kommt. Oder zu denen versierte Nutzer wegen Sicherheitsbedenken – begründet oder nicht – oft gar keine Lust haben.
Im Vergleich zum Vorgehen der Volksbank denkt die Sparkasse aber nicht daran, ihre Filiale im Westen zu schließen. „Dieser Standort ist gesetzt. Wir stehen zum Siggi“, sagt Kaleschke. Das mag damit zusammen hängen, dass im Viertel mehr vermögende Sparkassen-Kunden leben und das Geschäft sich hier eher lohnt als anderswo. „Über 60 Prozent unserer Privatkunden haben monatlich eigentlich nichts mehr übrig, um Rücklagen zu bilden“, warnte der Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes Georg Fahrenschon auf dem Sparkassentag Ende April.
Die Leute haben noch etwas übrig
„Aber machen wir uns nichts vor“, ergänzt Kaleschke. „Der Westen boomt. Es ist ja nicht unbedingt das Günstigste, hier zu wohnen.“ Das heißt im Klartext: Im Viertel haben die Leute noch etwas übrig. Darum bietet die Filiale auch Beratungstermine außerhalb der Öffnungszeiten an. „Und ein neuer, zusätzlicher Automat wird ebenfalls im Vorraum aufgestellt“.
Mit der Nullzinspolitik habe das alles nichts zu tun, auch wenn sie eine Herausforderung sei. Diese Phase werde noch länger dauern, bedauert Kaleschke und hofft auf eine Wende in der Zinspolitik. „Wenn sie mir sagen, das ist morgen vorbei, dann gebe ich einen aus.“
Erschienen in der neuen Viertel Nr. 31, die ab jetzt in der Bürgerwache und überall im Stadtteil ausliegt und auch auf dem Stadtteilfest am Sonntag, 26. Juni, zu haben ist.
„erheben die Kontoführungsgebühren“ -> entweder ist das „die“ zu viel oder es sollte „erhöhen“ statt „erheben“ sein?
„erhöhen“ sollte es heißen. Danke.
Ist schon eine schräge Situation, dass man sogar dankbar sein darf oder sollte, dass die Filiale nicht komplett geschlossen wird. Tzz, tzz! Hab mich auch Anfang des Jahres darüber geärgert, als ich Bargeld nur noch am Automaten bekam. Ähnlich wie bei der Post oder Stadtbibliothek wird auch im Geldverwaltungswesen der Mensch, der Berater und Helfer abgeschafft und mehr und mehr durch Maschinen ersetzt.
Verdammte neue Welt (vgl. Aldous Huxley)!
Den jungen, smartphone-afinen Menschen ist das Wurscht; die reden sowieso nur noch per Handy-Maschine mit anderen Menschen, teilweise simsen sie sich einen, während sie nebeneinander stehen oder sitzen; ach, ist das lustig. Da fällt es leicht, seine Geldgeschäfte auch nur noch über Maschinen zu erledigen. Merke: Auch Bankausrauben geht ja auch nur noch über Maschinen; und der moderne Bankräuber heißt Cracker, nicht Hacker.
ja, ich frage mich immer, wie rechtfertigen die entscheidungsträger solcher „maßnahmen“ ihr offensichtlich gutes gehalt? da muss wohl noch was übrig sein – bis zur rente. filialen werden geschlossen, unter anderem, weil sie zu automatencentren verkommen. keine putzfrau wird gebraucht, keine junge frau mit karriereplan, die mir den neuen automaten geduldig erklärt. ich habe eine gute freundin, die sitz im rollstuhl – und kommt so ohne weiteres nicht an die tastatur dieser automaten. natürlich würde ihr jeder kunde helfen. davon gehe ich aus. und die sparkasse wohl auch – jedenfalls die verantwortlichen, die sowieso dann demnächst woanders ihren arbeitsplatz haben – solange, bis man sie auch nicht mehr braucht.